MÄRZ 2018: Zu dieser Zeit durchlebe ich eine sehr schwere, private Krise. Um wieder in mein Gleichgewicht zu kommen, beschließe ich zu verreisen. In Anbetracht auf Jahreszeit und Flugpreise fällt meine Wahl schließlich auf Griechenland. Ankunft 15. März 2018 kurz vor Mitternacht in Athen. Ein Mietauto steht schon bereit und so trete ich gleich in der Nacht die Fahrt an. Ohne Plan, ohne Ziel, ohne Landkarte, ohne Navi. Im Morgengrauen erreiche ich Sparta, wo ich in einer kleinen Wohnsiedlung parke, den Sitz nach hinten stelle und noch eine Stunde ausruhe. Nach dieser kurzen Pause fahre ich weiter und entdecke ein Schild nach Mystras. Klingt gut, da will ich hin. Als ich aus dem Auto steige, empfängt mich eine angenehme Wärme, die Temperaturanzeige am Armaturenbrett zeigt 22°. Das perfekte Wetter um die Halbinsel zu erkunden. Ich ziehe meine Turnschuhe an und los geht´s. Nach wenigen Gehminuten, biege ich von der Straße ab und folge einem kleinen Bachbett und da entdecke ich neben dem Weg eine kleine Landschildkröte. Ich bin völlig fasziniert! Wie alt sie wohl sein mag??
Mystras ist eine wundervolle, alte Kulturstätte. Besonders schön finde ich den Ausblick und die alte Kirche. Hier drinnen ist es so still und friedlich und angenehm kühl, denn draußen wird es von Stunde zu Stunde heißer. Das ist aber auch gut so, und ich genieße die Wärme, freue mich über den Duft der bunten Blumen und den blitzblauen Himmel. Dieser Tag gibt mir wieder Energie, Kraft und Zuversicht. ZUR TOUR Ich verbringe den Rest des Tages mit einer Monsterfahrt bis Areopoli und weiter bis Kalamata, wo ich ziemlich erschöpft ins Bett falle. Kein Wunder nach über 400 Kilometern Autofahrt.
TAG 2: Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg nach Pylos, genauer gesagt zum Voidokilia Beach, einer zauberhaften Sandbucht. Leider spielt heute das Wetter nicht ganz so mit. Es ist sehr windig, aber zumindest trocken und so laufe ich einen menschenleeren Strand entlang. Zu meiner linken erhebt sich die Burgruine Palaikastro auf einem Hügel und ich beschließe dorthin zu wandern, bevor ich mein eigentliches Ziel, die Bucht erkunde. Der Wind wird immer kräftiger und als ich die alten Gemäuer erreiche, ist es fast unheimlich, so ganz alleine hier heroben. Durch eine Schießscharte erhasche ich einen Blick auf das stürmische Meer. Die Wellen sind ziemlich hoch. Dafür ist das Wasser in der Bucht fast unbeweglich und ruhig. Ich setzt mich an den Strand, schließe die Augen und atme die salzige Luft tief in meine Lungen. Ein kleiner Hund nähert sich mir unbemerkt, und ich erschrecke fast zu Tode, als er mich mit seiner kalten Schnauze berührt. So ein Frechdachs. Lachend mache ich mich wieder auf den Rückweg zum Auto. ZUR TOUR
TAG 3: Die Nacht habe ich in Olympia verbracht und da gehört natürlich ein Besuch der antiken Stätten zum Programm. Wirklich vom Hocker reissen mich die paar alten Säulen ehrlich gesagt nicht, dass kann aber auch am "bescheidenen" Wetter liegen. Heute ist es nasskalt und kühl. Also wieder ins warme Auto und weiter geht die Reise. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung mehr, wie und vor allem was mich dort hingeleitet hat, aber irgendwann, nach vielen Kilometern auf völlig desolaten Straßen, stehe ich vor dem New Moni Panagias Filosofou Kloster. Ein wahrlich mystischer Ort mit direktem Zugang zur Lousius Schlucht. Ich laufe los. Über mir ein dichtes, grünes Blätterdach, neben mir immer wieder der rauschende Bach, den Duft von Zitrusfrüchten in der Nase. Fast so, als wäre man im Dschungel. Plötzlich über mir in die Felsen geschmiegt das Kloster Prodromou. Kaum zu glauben, das hier jemand lebt. Ein wirklich einzigartiges Erlebnis. Leider erreiche ich diese besondere Stätte außerhalb der Besucherzeiten und so mache ich mich über unzählige Stufen wieder auf den Rückweg. Dort angekommen lädt mich der Priester auf eine Tasse Tee und selbstgebackene Süßigkeiten ein. ZUR TOUR
TAG 4: Trailrun von Diakoptou nach Kalavrita entlang der Bahntrasse einer Zahnradbahn. Eine absolute Herausforderung!! 46 Kilometer auf losen Steinen. Als ich nach dem Frühstück loslaufe, habe ich noch keine Ahnung, was mich erwartet. Ich weis nur, es gibt um diese Jahreszeit nur eine Zuggarnitur, sobald diese an mir vorbeifährt, habe ich die Bahntrasse wieder für mich alleine, bis der Zug wieder zurückkommt. Und so laufe ich los. Erst durch trockene Wiesen, auf denen Ziegen geduldig nach Futter suchen. Immer wieder sind die Felsen so schmal, das neben den Gleisen kaum Platz ist, und ich schaue mich an solchen Stellen nervös um, ob die Bahn kommt. Nach einiger Zeit höre ich dann das Rattern auf den Schienen das immer lauter wird. Als der Zug an mir vorbeifährt, hupt der Lokführer und winkt mir fröhlich zu. Wie oft wir uns heute wohl noch begegnen werden??
Die Schlucht ist wirklich beeindruckend. Besonders jetzt im Frühling führt der Bach ausreichend Wasser und die wilde, unberührte Landschaft wechselt von trocken und karg, bis rau und zerklüftet. Ich laufe und laufe, der Zug kommt mir entgegen und holt mich wieder ein. Jedes Mal wird das Gesicht des Lokführers überraschter und das Hupen länger. Besonders in Erinnerung ist mir der "Fußgängertunnel" geblieben, der so verrückten Wanderern wie mir die Möglichkeit bietet, gefahrlos den Fluss zu überqueren, ohne den engen Bahntunnel nutzen zu müssen. Zwischendurch wird mir kurz mulmig, als ich lautes Hundegebell höre. Eine Herde Ziegen scheint hier zu grasen und die Hirtenhunde scheinen keine Freude an mir zu haben. Zum Glück bleiben sie im Gebüsch und lassen mich in Ruhe. In Kalavrita gönne ich mir nur eine kurze Pause an der Tankstelle, dann mache ich mich wieder auf den Rückweg. Als ich nach 5 1/2 Stunden ziemlich ausgepowerd den Bahnhof von Diakoptou erreiche, werde ich von vier laut klatschenden Lokführern erwartet. Begeistert und neugierig lesen sie die Distanz und Laufzeit auf meiner Pulsuhr und plaudern auf mich ein. Ich verstehe kein Wort, freue mich aber sehr und bin beinahe etwas gerührt über ihr Interesse und ihre Begeisterung für meine Leistung. In einer kleinen Taverne in Bahnhofsnähe zische ich ein Bierchen, dann humple ich zurück in die Unterkunft und verarzte meine Zehen, die ich mir an den spitzen Steinen blutig gestoßen habe. ZUR TOUR
TAG 5: So quasi Ruhetag! Auf dem Rückweg nach Athen stoppe ich in Korinth und wandere gemütlich zu den Resten der Stadt "Alt Korinth". Eine Schulklasse zeigt in bunten Trachten einen traditionellen Tanz. Einfach süß die Kleinen! Heute präsentiert sich das Wetter wieder von der Besten Seite und ich genieße den Tag. Ein Stopp am Kanal, leider ist gerade kein Schiff auf dem Weg. In Piräus kaufe ich ein Ticket für den nächsten Tag, mein Ziel .... Santorin! Bis ich schließlich den Weg durch die Stadt zum Flughafen gefunden habe um mein Auto zurückzugeben, ist es schon später Nachmittag. Ich beende den Abend mit einem Spaziergang durch das abendliche Athen und einer Portion Souvlaki und Mythos Bier in einem netten Restaurant in der Altstadt.
TAG 6: Früh am Morgen besteige ich die Fähre nach Santorin. Die Überfahrt verläuft unspektakulär. Als wir schließlich an Land gehen, fühle ich mich kurzzeitig wie am Start eines Marathons in Shanghai. Ich werde mit dem Pulk der reiselustigen Chinesen förmlich aus dem Bauch der Fähre gespült. Busse warten, Reiseleiter winken, Taxis hupen, Lieferautos drängen von und auf die Fähre, es herrscht ein reges Treiben, das ich einige Zeit fasziniert beobachte. Aber dann wird es Zeit, denn ich habe noch ein ordentliches Stück Weg vor mir. Während ich mich zu Fuß über die steilen Serpentinen der Straße hochschraube, werde ich von einer nicht enden wollenden Autoschlange begleitet. Zweimal erhalte ich das Angebot, ob ich mitfahren möchte, ich lehne dankend ab. Entlang der Küste wandere ich nun nach Akrotiri, dem südlichen Ende der mondförmigen Insel. Dort habe ich in der Nähe des Leuchtturmes ein freies Zimmer gefunden. Mehr und mehr frischt der Wind auf, die Wolken verdichten sich, es wird düster, kaum noch Häuser, immer wieder Hundegebell. Es ist fast ein wenig unheimlich. Als ich mein Ziel erreiche, zieht die Dämmerung herein. Aber ich freue mich zu früh, denn die ältere Dame die ich antreffe, fragt in gebrochenen Englisch, ob ich das Zimmer fix gebucht habe. Als ich dies verneine, teilt sie mir mit, das sie mir das Zimmer nur mit Fixbuchung geben kann.
Ich bin ziemlich verwirrt nach dieser Antwort, denn nur hinter einem Fenster brennt ein Licht, ansonsten ist alles dunkel. Inzwischen ist es stürmisch und kalt geworden. Ich hole also meinen Schal aus dem Rucksack und beschließe umzukehren und bei einem kleinen Laden an dem ich vorbeigekommen bin um ein Taxi zu bitten. Als ich um die erste Kurve biege, sehe ich in einer kleinen Taverne ein Licht, das vorher noch nicht gebrannt hat. Ich trete ein und frage, ob geöffnet ist und ob ich mich setzten darf. Die junge Frau lächelt freundlich und zeigt mir einen Tisch. Erleichtert nehme ich Platz. Während draußen ein Sturm aufzieht, genieße ich ein herrliches Abendessen und plaudere etwas mit der Besitzerin. Auch darf ich mich ins WiFi Netz einwählen und reserviere kurzerhand mein gewünschtes Zimmer, gleich um die Ecke und schreibe auch gleich eine Mail, das ich in etwa einer halben Stunde auftauchen werde. So, jetzt habe ich eine Reservierung und lasse mich nicht mehr so leicht abwimmeln. Für den Fall das es doch nicht klappen sollte, verspricht mir die Wirtin, das ich zurückkommen kann und sie organisiert mir ein Taxi. Gesagt, getan. Ich zahle, wickle mir den Schal fest um Kopf und Schultern und wage mich in den Sturm hinaus. Als ich zum zweiten Mal an diesem Tag zu meinem gewünschten Schlafplatz komme, brennt Licht im Hof und die Dame, die mich zuvor abgewiesen hatte, empfängt mich sichtlich erleichtert mit einer Umarmung, was mich sehr überrascht. Später erzählt sie mir dann, dass die Unterkunft ihrer Tochter gehört und sie die strikte Anweisung hat, nur fixe Buchungen einzuchecken, damit es nicht zu Überbuchungen und Doppelgleisigkeiten kommt. Als sie aber dann gesehen hat, das ich zu Fuß unterwegs bin, hat sie sich riesige Sorgen um mich gemacht und war einfach nur froh, das ich wieder unversehrt zurückgekommen bin. Und so habe ich bei "Oma Irini" mein Zimmer bezogen. Eine gemütliche, reizende, landestypische Unterkunft in blau-weiß. Ich kuschle mich in die dicken Decken während der Sturm an den Fensterläden rüttelt und schlafe seit Monaten zum ersten mal tief, fest und ohne Alpträume, bis mich die Morgensonne an der Nase kitzelt. ZUR TOUR
TAG 7: Beim Frühstück erwartet mich frischer Orangensaft, warmes Blätterteiggebäck und duftender Kaffee. Ich fühle mich so wohl, das ich meinen Plan heute in Oia zu schlafen ändere und für eine zweite Nacht verlängere. Ein junges Pärchen das mit dem Auto unterwegs ist, nimmt mich mit nach Fira. Ab da laufe ich entlang der Küste nach Norden. Die frische Meeresbrise weht mir um die Nase, immer wieder mischt sich leichter Regen dazu. Ich bin alleine am Weg und genieße den Lauf in vollen Zügen. In Oia ist es fast unheimlich ruhig. Vorsaison und schlechtes Wetter lockt keine Besuchermassen an. Ich nutze die Möglichkeit und erkunde Wege, Hotelanlagen und enge Gassen. In einem Kaffee lege ich eine Pause ein, bevor ich mich mit dem Bus zurück nach Fira und im Laufschritt zurück nach Akrotiri mache. ZUR TOUR
TAG 8: Bis die Fähre am Nachmittag ablegt, bleibt mir noch genügend Zeit um auf dem Rückweg zum Hafen von Fira, den roten und den schwarzen Strand zu erkunden. Es gibt auch noch einen weißen Strand, dieser ist jedoch nur mit dem Schiff erreichbar. Ich verabschiede mich mit einer herzlichen Umarmung von Irini und mache mich auf den Weg zum nahen, schwarzen Strand. Der gleicht eher einer verlassenen Müllhalde. Zwischen den dunklen Lavasteinen ist alles voller Schmutz und Abfall. Ein verfallener Beachclub erinnert an vergangene Zeiten, als man sich hier noch gerne getroffen und feuchtfröhlich gefeiert hat. Heute ein eher trostloses Stückchen Strand. Ich finde es sehr traurig, wie achtlos wir mit Mutter Erde umgehen. Auf vertrockneten Wiesen wandere ich in Gedanken versunken entlang der Küste bis zum Red Beach. Immer wieder umspült Meerwasser meine Füße, über mir rieselt roter Kies durch breite Felsspalten. Am Ende dieses Strandabschnittes warten wieder die obligatorischen Touristen aus China. Sie waren schlauer als ich und sind vom wenige Meter entfernten Parkplatz gekommen, um den roten Strand zu fotografieren. Aber mein Weg war sicher schöner, rede ich mir zumindest ein. In einem Kaffee am Straßenrand kaufe ich mir etwas zu trinken und ein Stück traditionelles Gebäck mit Honig. Das Teil ist so süß, das ich beinahe in einen Zuckerschock verfalle. Ich erreiche die Fähre, wir legen pünktlich ab und kurz vor Mitternacht bin ich voller neuer Eindrücke und Erlebnisse wieder zurück in Athen. ZUR TOUR
TAG 9: Meinen vorletzter Tag in Griechenland nutze ich, um die Altstadt von Athen zu erkunden. Ich schlendere gemütlich durch die Gassen, zünde in einer kleinen Kapelle eine Kerze an, um mich für die Reise zu bedanken und esse massenhaft Eiscreme. Natürlich möchte ich auch die Akropolis besichtigen, was ich mir in Anbetracht der Menschenschlange an der Kassa und des Eintrittspreises dann doch erspare. Lieber strolche ich über unzählige Stufen, durch die schmalen Gässchen am Fuße des antiken Tempels. Dort treffe ich auf Katzen, die sich in der Sonne recken, auf Opas die auf wackeligen Holzstühlen vor der Haustüre sitzen und plaudern, und auf Omas, die sorgfältig die Wäsche auf lange Leinen spannen. Begleitet werde ich vom Duft reifer Orangen und blühender Sträucher. So vertrödle ich den Tag, den ich mit einem letzten Teller Souvlaki beende.
TAG 10: Heute ist Feiertag in Griechenland, alle Läden haben geschlossen. Mein Flieger geht erst am Abend, also habe ich noch Zeit. Da die ganze Stadt für Paraden und Umzüge gesperrt ist, setzte ich mich in den Zug Richtung Süden. Wohin genau weiß ich nicht, einfach mal raus aus der Stadt. Ab dem Endbahnhof Bouda (oder so ähnlich) laufe ich entspannt entlang der Küste. Immer wieder mache ich Zwischenstopps am Wasser, laufe durch Villenviertel und Parks. Irgendwann gelange ich an einen Badesee der im Sommer sicher gut besucht ist. Sogar heute, bei kühlem, feuchtem Wetter ziehen hartgesottene Schwimmer ihre Runden. Mir ist jetzt eine Tasse Kaffee lieber als ein Bad im kalten See und so beende ich diese wundervolle, aufregende Reise mit einem Schokokuchen und Blick auf das Meer. Nichts ahnend, welche tollen Abenteuer mich in den kommenden Jahren erwarten werden! ZUR TOUR
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